Ich habe eine Lektion gelernt. Von meiner ältesten und besten Freundin. Wir haben in den letzten 17 Jahren gelacht bis uns der Bauch weh getan hat, im angedudelten Zustand bis in die Morgenstunden unterm Sternenhimmel (oder auf der Ledercoach in ihrem Büro, ich bin mir nicht mehr ganz sicher) über das Universum philosophiert, ganz viel früher auch gestritten. Aber immer war es egal wieviel räumliche Distanz zwischen uns lag oder wieviel Zeit zwischen unseren letzten Treffen vergangen ist. Immer ging es da weiter, wo wir aufgehört hatten. Immer ist da dieses blinde Vertrauen und DAS musste verdient werden. Von beiden Seiten. Wir haben uns das gegenseitig erarbeitet. Deshalb brauche ich immer noch einen Moment, bevor ich jemanden als meinen Freund bezeichne (hatte ich schon erwähnt, dass ich nicht gendere? Ich bin alt genug, dass ich weiß wer wer ist). Wobei ich mittlerweile Ausnahmen mache, weil sich manche Menschen schnell als vertrauenswürdig erwiesen haben. Und noch dazu unerwartet. Was will ich mehr?
Da sind wir auch schon beim Kern. Integrität. Meine Freundin ist die strahlendste Person, der ich je begegnet bin. Sie leuchtet von innen heraus. Ein schöner Mensch durch und durch (wir – der beste Ehemann von Allen und ich – haben ihr sogar einen Song geschrieben: Marina Schmetterling. Text auf Deutsch. Marina als gebürtige Ukrainerin versteht Englisch nicht so gut. Und ich mag wegen meinem rrrrrrrollenden RRRRRRRR kein Deutsch singen. Mich verrrrät meine Aussprrrrache. Also wird auf bayrrrrrisch gesungen. Hauptsache sie versteht, was ich ihr sagen will).
Zurück zur Integrität. Wem das Wort nicht so geläufig ist, dem kann schnell geholfen werden: es beschreibt einfach die Treue zu sich selbst. „…Persönliche Integrität ist die fortwährend aufrechterhaltene Übereinstimmung des persönlichen Wertesystems und der persönlichen Ideale mit dem eigenen Reden und Handeln. Grundlage des Wertesystems ist eine religiös, politisch oder humanistisch begründete Ethik. Ein integrer Mensch lebt und handelt in dem Bewusstsein, dass sich seine persönlichen Überzeugungen, Maßstäbe und Wertvorstellungen in seinem Verhalten ausdrücken…“(Woxikon). Und DAS muss man erst mal schaffen. Denn es ist leichter gesagt: „Ach, das seh ich jetzt mal nicht so eng. Da mach ich eine Ausnahme.“, als seine Integrität durchzuziehen mit allen Konsequenzen. Denn das Wort beinhaltet auch nicht nur echt zu sein (und zu bleiben), sondern vor allen Dingen Ehrlichkeit. Schonungslos. Auch sich selbst gegenüber. Und trotz der Widrigkeiten nicht umzukippen. Das erfordert unglaublichen Mut. Und eine „Tankstelle“. Denn diese Standhaftigkeit kann bis an die letzten Kraftreserven gehen. Auch wenn man weiß, dass alles richtig ist, dass man richtig handelt, dass man im Rahmen seiner Werte das Beste gegeben hat, dass es nichts Unmögliches ist, das man erreichen möchte…. Merkt man trotzdem, dass die Leere in einem immer mehr zunimmt. Und was macht man? Man wehrt sich dagegen. Immer. In irgendeiner Form. Unbewusst. Und das macht es noch schlimmer.
Und wenn man nirgendwo oder bei niemandem „auftanken“ kann hält man das nicht lange durch. Wir wissen alle was danach kommt: Burnout.
Aber darauf will ich nicht hinaus. Hat man sich für Integrität entschieden (überhaupt können das aus meiner Sicht nur charakterlich starke Menschen. Denn dazu muss man emphatisch genug sein, um seine Werte vor jemandem vertreten zu können, ohne diesen zu verletzen. Dieses „ich bin halt mal direkt und ehrlich.“ ist etwas völlig anderes. Das hat absolut Nichts mit Integrität zu tun. Denn man muss auch mal einstecken können, ohne weiter auszuteilen. Die Meinung eines anderen zulassen können, ohne mit seiner Meinung überzeugen zu müssen. Man muss auch mal etwas stehen und gehen lassen können. Kannst du das?) entscheidet man sich für Ehrlichkeit. Und damit meine ich nicht etwas schön zu reden, bis es in den eigenen Rahmen passt, sondern die Ehrlichkeit bei der man sich im Spiegel anschauen kann. Auch, wenn man weiß, dass die Wahrheit eine andere ist und man mit Hilfe von – na, z.B. Beziehungen, um das Wissen von anderen für seine Zwecke zu nutzen, den Weg anders lenken könnte. Man nimmt diese Hilfe nicht an mit den Worten: Nein, das ist nicht mein Weg. Ich bleibe auf meinem Weg. Wow. Das muss man erst mal schlucken. Als Freund, der das nur von außen beobachten darf, weil man dazu verdonnert wurde, nichts zu unternehmen.
Die Lektion, von der ich anfangs gesprochen habe? Licht verbreiten. Ich kann nur Licht verbreiten, wenn mich etwas nährt. Ist der Boden, auf dem ich Wurzeln geschlagen habe, vergiftet, kann ich nicht wachsen. In der Zeit, in der ich selber kein Licht verbreiten kann, müssen das andere für mich tun. Und wenn ich jedem meiner Besucher dazu eine Kerze in die Hand drücke und sie mir ein Foto davon schicken jedes Mal, wenn die Kerze angezündet wird, habe ich genau das erreicht: weiter Licht zu verbreiten. Der Boden kann für eine bestimmte Zeit vergiftet und voller Dunkelheit sein, aber die Sonne scheint trotzdem jeden Tag auf diesen Ort. Die Dunkelheit kann sich nicht auf Dauer halten, dafür wurde zu viel Licht gepflanzt.
Also, keine Ausnahmen. Lass nicht zu, dass dir jemand anderes dein Licht wegnimmt. Auch, wenn es für den Moment ausweglos erscheint. Deine Gedanken erschaffen die Realität. Also denke gefälligst an die (lichtvolle) Lösung und nicht an das Problem.
Jep, nicht einfach. Aber machbar. Pass auf dich auf. Und auf deine Gedanken. Dann scheinen wir zusammen.