Die Steigerung von glücklich

Wie geht denn eigentlich glücklich? Oder anders gesagt: Gibt es eine Steigerung von glücklich? Das ist ganz schön hoch gegriffen. Würde ja glücklich schon reichen. Aber mir ist etwas unfassbar Tolles passiert und deshalb bin ich sicher, dass es zu „glücklich“ noch eine Steigerung gibt.

Kennt ihr das? Wenn man gefühlsmäßig so überschwappt? Nicht negativ im Sinne von aufbrausend oder impulsiv, sondern wenn einem das Glück zu den Augen herausfließt, weil es irgendwohin muss. Doch, das gibt es und ich weiß genau wie sich das anfühlt. 

Zuerst einmal: Glück kommt nicht so einfach. Glücklich sein ist eine Entscheidung. Punkt. Manchmal ein Kampf, weil man zu oft etwas suchen bzw. finden muss, das einen in eine hohe Stimmung bringt (ich sage dazu „höher schwingen lässt“, aber sagt dazu wie ihr wollt, der Kern der Aussage bleibt derselbe). Wie oft muss man sich selber aus tristen Gedanken holen, etwas suchen, das einen zum Lächeln bringt, das einem das Herz leicht macht, das einen leichter atmen lässt. Wenn man versucht, Miesepeter auf Abstand zu halten, um sich mehr Sonne ins Leben zu holen. 

Warum bin ich also davon überzeugt, dass es eine Steigerung von glücklich überhaupt gibt?

Ich habe jemanden zurückbekommen von dem ich dachte, dass ich ihn verloren hätte. Und das meine ich wörtlich. Das Gefühl, wenn jemand zwar körperlich noch auf dieser Erde wandert, aber trotzdem unerreichbar ist. Manchmal örtlich, manchmal sprachlich, manchmal mental oder weil man nicht mehr miteinander spricht. Plötzlich ist ein Riesenkrater zwischen zwei Menschen. Und dann vergehen Jahre. Viele Jahre, in denen man wartet, hofft, sich Vorwürfe macht, Tränen vergießt, weil man wieder einmal nicht weiß, was man falsch gemacht hat bzw. wo genau der Punkt war an dem man sich verloren hat. Und vor allem das Warum. Ja, ich weiß, das Thema hatten wir schon. Aber da ging es um sogenannte Freunde. Hier geht es um mein externes Herz (Müttern muss ich nicht erklären, was damit gemeint ist).

Es gibt diesen Zug (danke, Ali, für das Bild). Wie hieß der? Mein Lebenszug. Manche fahren eine Weile mit, manche steigen irgendwo aus und nicht mehr ein. Dafür kommen neue Mitreisende mit dazu. Manche sind von Anfang an dabei und trotzdem ist es ok, wenn sie deinen Zug verlassen. Manchmal macht es einfach keinen Sinn mehr etwas festzuhalten, weil das festhalten mehr weh tut als das loslassen. Und beides ist schwer. Es erfordert Stärke und noch mehr Mut. Denn danach kommt eine Veränderung, die sich nicht vorhersehen lässt. Weil es wieder mit deinen Mitreisenden zusammenhängt. Manche stellen Fragen, manche stellen DICH in Frage, manche haben kein Verständnis für dich und manche sagen: Ich fühl das so. Jeder Mitreisende hat seinen Sinn in deinem Zug. Aber es werden die weiter mit dir reisen, die dich verstehen und deine Zweifel und dein Unbehagen fühlen können. Unbehagen, weil manche Handlungen schwer zu erklären und demnach noch schwerer nachzuvollziehen sind. Und man diese vielleicht einfach nur vergessen möchte, weil die Erinnerungen daran zu sehr weh tun. 

Es ist einfacher Menschen gehen zu lassen, die irgendwann mal in deinen Zug gestiegen sind. Da waren mal dieselben Vibes, dieselben Interessen, man war selber ein anderer Mensch. Wisst ihr wie oft man sich verändert? Ist euch schon mal aufgefallen wie oft man sich in seinem Leben (vor allem in jungen Jahren) anpasst? Die Kids, mit denen man aufgewachsen ist, dann war jeder auf einer anderen Schule. Die Clique, die sich am Wochenende getroffen hat. Die Clique, die durchgewechselt hat, nachdem man in die Familiengründung eingestiegen ist. Die Menschen, die sich mit deinen Hobbies geändert haben (Bauchtanz, Capoeira, Jeet San Do, Gospelchor, diverse Bands,…). Ja, da haben schon einige Leute durchgewechselt und das war auch gut so. Veränderung ist wichtig, sonst würde man sich ja nie weiterentwickeln. 

Wenn Menschen aus deiner Ursprungsfamilie deinen Lebenszug verlassen ist das eine ganz andere Geschichte. Die lässt man weder so einfach los noch lässt man sie gerne gehen. Aber wenn es dazu kommt ist danach alles anders. Und es sollte niemand urteilen. Niemals. Wenn man diesen Schritt machen muss gibt es immerimmerimmer einen gravierenden Grund. Die Wenigsten werden sich die Zeit nehmen, um sich beide Versionen der Geschichte anzuhören. Also pfeif auf das, was die Leute denken. Du weißt es besser.

Naja, auf jeden Fall habe ich jemand zurückbekommen, den ich niemals wieder gehen lassen werde. Nicht, dass ich das jemals gewollt hätte. Das ist einfach passiert. Zu Viele hatten sehr lange Zeit sehr viel Einfluss auf diese Situation genommen und dadurch alles viel schlimmer gemacht. Und es vergehen Jahre bis man den Mut fasst aufeinander zuzugehen. Und dann merkt man wie sehr sich die Situation zwischeneinander verändert, sogar entspannt hat. Wie sehr man sich vermisst hat. 

Mir ist absolut bewusst in welch glücklicken Lage ich mich befinde, dass ich das sagen und erleben darf. Man lässt niemanden so einfach gehen, aber manchmal muss man es. Zumindest für den Augenblick loslassen, damit sich alles erst mal beruhigen kann, damit man seine Gedanken sortieren kann. Damit Zeit vergehen kann. In der man wachsen kann. Und der andere hoffentlich auch. Diese Person wird dich entweder wieder einholen, oder eben nicht. Wie geht der Spruch: „Wenn du etwas liebst, lass es frei. Kommt es zurück, gehört es dir – für immer.“ Es gehört eine Menge Vertrauen dazu und noch mehr Durchhaltevermögen. Warten können heißt die Devise. Denn nichts passiert wie du es gerne haben willst. Es passiert erst, wenn die Zeit dafür reif ist. „Lass doch einfach los.“ Selten so einen Quatsch gehört! Loslassen ist nicht einfach! 

Um den Kreis zu schließen: Die Steigerung von „glücklich“ ist für meine Begriffe „seelig“. Ich bin gerade seelig. Es ist ein Zustand (Umstand?) eingetreten ist, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Der mich kalt erwischt hat und diese Gefühlswelle hat mich erschlagen. Im positivsten Sinne. Da reicht die Definition von Glück einfach nicht. Wenn man vor Glück gleichzeitig weinen und lachen könnte. Wenn man das Gefühl hat als würde man platzen vor Freude. Aber seelig zu sein ist das Sahnehäubchen obendrauf. Dann kommt zu diesen Glücksgefühlen noch eine innere Ruhe und Zufriedenheit (das ist nicht das richtige Wort. Vielleicht passt der Begriff „angekommen sein“ besser. STOP! Jetzt weiß ich: Frieden), die man weder beschreiben noch fassen kann. Also weder verstandesmäßig begreifen noch festhalten kann. Aber das ist auch gar nicht nötig, weil man in diesen „vor Glück seeligen“ Zustand ganz leicht wieder verfällt. Mir fällt gerade auf, den Begriff gibt es schon. Glückseelig. Hm, schade, ich dachte, ich hatte einen guten Einfall. Aber endlich verstehe ich, was damit gemeint ist. Der Zustand mit der (für mich) höchsten Schwingung. 

Ja, es ist gefährlich, wenn man diesen Zustand von einer Person abhängig macht. Aber wenn es die eigenen Kinder setze ich mich dieser Gefahr gerne aus. 

Passt auf euch auf, außer euch macht es keiner. Obwohl – doch, ganz sicher ist da noch jemand.

 

 

 

3 Gedanken zu „Die Steigerung von glücklich

  1. Ich liebe es, dich so friedlich strahlend zu erleben! Ehrlich! Doch auch dein Text regt mich zum nachdenken an – habe ich doch auch den einen Zug meiner Herkunftsfamilie verlassen… aber ob ich noch mal umsteigen und zurück will? Nein! Wie du schon schreibst: es gibt immerimmerimmer Gründe für Entscheidungen.
    Ich freu mich so für euch! 🥰

    1. Danke 🙏 ja, es gibt immer Gründe. Man darf auch nicht vergessen, dass man nicht jeden in seinem Zug mitnehmen muss, auch wenn es dir Herkunftsfamilie betrifft. Gerade die. Manchmal muss man Leute rauswerfen, wenn sie deine Seele kaputt machen.

  2. Liebe Lissy, habe jetzt erst Deinen Post gelesen. Ich freue mich riesig mit Dir mit. Du hast vollkommen Recht, kaum etwas (mir fällt nichts ein) kann einen Menschen dauerhaft in den Zustand der Glückseligkeit bringen außer Personen aus der Ursprungsfamilie. Spreche ja aus eigener Erfahrung (lol), und ja, manche muss man auch loslassen um glücklicher zu sein, auch wenn die Entscheidung sehr weh tut.
    Dir wünsche ich, daß Du mit diesem Menschen jetzt für immer vereint bleibst und nichts und niemand zwischen euch kommt! Alles Liebe und Gute für euch beide.

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